Netze

Schöne neue RSA-Animate Folge mit Manuel Lima (senior UX design lead bei Microsoft Bing) über die Transformation der Phänomenologie der Kommunikationsstruktur vom Baum zum Netz. Schöne Beispiele, wenn auch recht affirmativ. Erinnert mich an die etwas tiefer gehende Klassifikation von Vilém Flusser: Flusser unterteilt die Formen der Herstellung und des Erwerbs sowie der Speicherung und Verbreitung von Informationen in Diskurse und Dialoge.

Er unterschiedet dabai etwa „klassische“ Pyramidendiskurse (Abb. 2), wie man Sie etwa in der Verwaltung findet von den Aphitheaterdiskursen (5) der Massenmedien. Flexibler und dialogischer sind hingegen Baumdiskurse (4), wie man sie etwa in föderalen Systemen oder in der Wissenschaft findet. Auch in Theaterdiskursen (3) sind dialogische Interventionen möglich, wie etwa in Vorlesungssälen oder in Schulen. Dialoge lassen sich dagegen nicht im Sinne eines solchen, vergleichsweise einfachen, Sende-Empfänger-Pronzips erfassen, sondern basieren auf Austausch und Konflikt statt auf Verarbeitung und Weitergabe. Flusser unterscheidet relativ geschlossene und tendenziell elitäre Kreisdialoge (6), die raumzeitlich begrenzt sind (etwa in Parlamenten), von diffusen und offenen Netzdialogen (1), die im Gegensatz zu Kreisdialogen offene Schaltungen sind. Das gilt dementsprechend nicht erst seit der digitale Medienumbruch Kommunikationen zunehmend als Interaktion über mediale Umgebungen organisiert (Social Media, Web 2.0).

Flusser diagnostiziert die Krise, die Lima in seinem Vortrag beschreibt, bereits 30 Jahre zuvor: „Theaterdiskurse und Kreisdialoge scheinen nicht mehr richtig funktionieren zu können, sie befinden sich in einer Krise. Pyramidale Diskurse sind immer noch wichtige Kommunikationsformen, obwohl man von einer Generation den Eindruck gehabt hat, sie überwunden zu haben. Baumdiskurse (vor allem aus Wissenschaft und Technik) scheinen die Szene zu beherrschen, aber es melden sich Vorgänge an, die daran zweifeln lassen. Charakterisitisch für unsere Lage ist jedoch vor allem die Synchronisation von technisch hochentwickelten Amphitheaterdiskursen mit arachaisch gebliebenen, aber immer besser bearbeitbaren Netzdialogen.“ Er fordert deshalb: „Das Ziel der Politik muss im Grunde sein, den Netzdialog zu informieren, ihn zu formen und damit zu neuen Informationen beizutragen.“ (Flusser, Kommunikologie 2003: 33-34) (Bilder: Vilém Flusser, Kommunikologie 2003)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert