Mit „The Power of Open“ hat Creative Commons ein Ebook PDF publiziert, das in kurzen und prägnanten Artikeln die verschiedensten Felder der rechtlichen und technischen Infrastruktur beleuchtet, mit der neue Formen des Teilens von Wissen, Kunst und Daten zwischen Individuen, Organisationen und Regierungen möglich geworden sind. „The world has experienced an explosion of openness. From individual artists opening their creations for input from others, to governments requiring publicly funded works be available to the public, both the spirit and practice of sharing is gaining momentum and producing results“, so die Herausgeber. Das Buch liest sich im Wesentlichen als euphorische Erfolgsgeschichte, was sicherlich nicht komplett unzutreffend ist. Betrachtet man aber beispielsweise die Wissenschaften, so muss man etwa für Deutschland feststellen, das Creative Commons kaum Beachtung findet. Man könnte meinen, man habe es mit einem schwerfälligen Dinosaurier zutun, der nicht merkt, dass seine Zeit abgelaufen ist.
Damit ist ein System aus Codes und Regeln gemeint, das nicht nur Fussnoten Hyperlinks vorzieht und für das ein gedruckter Artikel in einem Sammelband mit einer 1000er Auflage mehr zählt, als ein Onlineartikel mit 1.000.000 views, sondern dessen komplexe Qualitätssicherungs- und Publikationsprozesse das Wissenschaffen eher unterdrücken als fördern, wie etwa Mary Joyce in „Fixing Peer Review, Freeing Knowledge Creation“ zeigt. Es ist in der Tat interessant, dass die Akademie von der Diskussion über den Zugang und das Teilen, die sich im Zuge der kulturtechnischen Veränderungen durch das Digitale ergeben, seltsam unberührt bleibt – eine Diskussion, die sie selbst mit initiierte.
Vielleicht erleben wir hier eine Entwicklung, wie sie aus dem Spannungsverhältnis zwischen sogenanntem Bürgerjournalismus und professionellen Journalismus hervorgegangen ist. Institutionelle Forschung als Profession mit ihren schwerfälligen Qualitätsstandards und langatmigen Publikationszyklen verliert an Effizienz und Bedeutung, während Individuen an die Stelle der Institution treten oder diese zumindest heraufordern. Offen ist dabei, ob dies zu einer Transformation oder einer Separation führt. Dazu aus der Einleitung: „As we look ahead, the field of openness is approaching a critical mass of adoption that could result in sharing becoming a default standard for the many works that were previously made available only under the all-rights-reserved framework.“ Darauf wird sich die auch Wissenschaft mittelfrisitg einstellen müssen, ob sie will oder nicht. Verwunderlich finde ich, das „The Power of Open“ als klassisches PDF daher kommt und nicht als Webangebot konzipiert wurde. Kann mir das Jemand erklären? (Bild: Cover von „The Power of Open„, Creative Commons Attribution 3.0 License)